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Sherlock Holmes und die wahre Geschichte vom gesprenkelten Band oder Mrs. Hudsons Theorie

Autor: F.G. Klimmek
Taschenbuch
72 Seiten
ISBN: 3-937001-39-5
Preis: 8,90 Euro (inkl MwSt.)

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Klappentext:
Schlangen trinken keine Milch. Sie überleben nicht in einem Safe und sie lassen sich nicht mit einer verknoteten Hundepeitsche fangen. Und vor allem - sie lassen sich nicht auf Pfiff dressieren; denn alle Schlangen sind ausnahmslos stocktaub!

Das weiß jedermann, nur anscheinend Sherlock Holmes nicht. Der kommt in seinem Abenteuer "Das gesprenkelte Band" unter beharrlichem Ignorieren aller detektivisch relevanten Tatsachen mit aberwitzigen Schlußfolgerungen zu einem Ergebnis, das an Absurdität nicht zu überbieten ist.

Welcher Teufel mag ihn da geritten haben? War eine Überdosis an Morphium schuld, oder ist der Meisterdetektiv in Wirklichkeit bloß der Scotland-Yard-Kapser, als den Dr. Grimesby Roylott ihn beschimpft?

Ist obendrein sein zuverlässiger und nüchterner Freund Dr. Watson trotz seiner medizinischen Ausbildung nicht mehr in der Lage, simple biologische Fakten zu erkennen? Keineswegs.

Holmes ist in seiner Logik bezwingend wie eh und je, und auch Watson hat nichts verlernt. Sie mußten lediglich ihr Versprechen einhalten, ein Geheimnis zu bewahren, das endlich zur Freude ihrer Fans und zur Rettung ihrer Ehre gelüftet werden darf.

Hier nun die längst überfällige WAHRE Geschichte vom gesprenkelten Band.

Leseprobe:
Holmes ließ schweigend seinen Blick von den Verletzungen zum Gesicht unserer Besucherin wandern. Miss Stoner errötete tief und bedeckte schnell die verräterische Stelle. ”Dr. Roylott ist ein harter Mann, der seine eigenen Kräfte nicht kennt.”
”Nun denn, Madam, sind Sie sicher, daß Sie uns jetzt alles erzählt haben?”
Unser Gast wand sich sichtlich, bevor er zu den folgenden Worten ansetzte: ”Es ist ... möglicherweise ist es nichts von Belang ... vielleicht nur eine überspannte Phantasie von mir, aber ...”
Holmes machte ungeduldig eine Geste, die sie ermuntern sollte, auf den Punkt zu kommen.
”Gut. Wenn es Ihnen auch töricht erscheinen mag, aber ich habe bereits damals nach dem Tod meiner Schwester meine eigenen Überlegungen angestellt, und auch mir ist in den Sinn gekommen, daß Gift im Spiel gewesen sein könnte. Ohne Dr. Roylott belasten zu wollen ... nun, was soll ich sagen ... er hielt sein Zimmer beständig verschlossen, obwohl er vor seinen Tieren doch keine Angst zu haben brauchte. Kurz und gut, ich wollte meinen ganzen Mut zusammennehmen und in seiner Abwesenheit sein Zimmer durchsuchen, und sei es nur, um endgültig ausscheiden zu können, daß er mit der Sache etwas zu tun hatte. Als er also wieder einmal mit den Zigeunern ein paar Tage herumzog, probierte ich sämtliche Schlüssel, die sich im Hause auftreiben ließen. Einer, der zu der Tür eines im Nebenflügel gelegenen Abstellraums gehörte, öffnete mir das Zimmer meines Stiefvaters. Es war nur kärglich eingerichtet, so daß mir einige Dinge besonders auffielen, die im Zimmer eines zurückgezogen lebenden Landedelmannes nicht unbedingt zu erwarten sind. Als erstes fiel mir ein großer Tresor ins Auge, dessen Verwendungszweck ich mir angesichts der Tatsache, daß mein Stiefvater über keine nennenswerten Pretiosen verfügt, nicht erklären konnte. Darauf stand ein Schälchen mit Milch, zu winzig, um für den Geparden oder den Pavian bestimmt zu sein. Und über einer Sessellehne hing eine geflochtene Hundepeitsche, deren Ende so merkwürdige geknüpft war, daß es eine zusammenziehbare Schlinge bildete. Ich habe an das Pfeifen gedacht und den metallenen Laut, der vom Zuschlagen der Safetür herrühren könnte. - Hier meine Überlegung, Mr. Holmes, auch wenn sie Ihnen lächerlich erscheinen mag: ist es denkbar, daß mein Stiefvater ein giftiges Tier hält, das er abrichtet, vielleicht ein Reptil, um es ...”
Holmes schnellte in seinem Sessel so abrupt nach vorn, daß unsere Besucherin ihren Satz nicht vollendete. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck höchster Anspannung, der jedoch nach einigen Momenten des Nachdenkens wieder verschwand.
”Nein, Miss Stoner, das ist ausgeschlossen.”
”Aber diese Formulierung, das gefleckte Band ... könnte da nicht eine Schlange ...”
”Ich sagte bereits, daß es ganz unmöglich ist. Müßig, nur einen Gedanken in diese Richtung zu verschwenden. - Nun, wenn dies alle Umstände sind, die es zu beachten gilt, so will ich mich gleich an die Arbeit machen, um Licht in diese Angelegenheit zu bringen. Dazu halte ich es für unerläßlich, die Räumlichkeiten auf Stoke Moran selber in Augenschein zu nehmen. Wenn wir noch heute dahin kämen, wäre es möglich, die Räume zu sehen, ohne daß Ihr Stiefvater etwas davon erfährt?”
Miss Stoner nickte eifrig. ”Das wird sicher gehen. Er hat gesagt, daß er heute in die Stadt fahren wollte, um etwas Wichtiges zu erledigen. Bestimmt bleibt er den ganzen Tag. Sonst lebt im Haus nur noch eine alte Haushälterin, die, frei gesprochen, ein wenig einfältig ist. Ich kann dafür sorgen, daß sie solange aus dem Weg ist.”
”Ausgezeichnet. - Ich vermute, mein lieber Watson, Sie haben gegen einen kleinen Ausflug nichts einzuwenden?”
”Aber nicht im geringsten.”
”Dann werden wir beide kommen. Was werden Sie selber in der Zwischenzeit tun?”
”Ich habe vor, mit dem 12-Uhr-Zug zurückzufahren, wenn ich hier in London noch ein oder zwei Dinge geregelt habe, so daß ich bereits da bin, wenn Sie ankommen.”
”Einverstanden. Erwarten Sie uns dann also am frühen Nachmittag. - Und nun, wollen Sie nicht noch mit uns frühstücken?” Unser Gast erhob sich. ”Haben Sie vielen Dank für Ihre Güte, aber ich möchte doch jetzt lieber gehen. Mein Herz ist mir schon viel leichter, nachdem ich Ihnen meine Sorgen anvertraut habe und sicher sein darf, daß sie jemand mit mir teilt, der nicht nur gewillt, sondern auch in der Lage ist, mir zu helfen. Nochmals meinen herzlichsten Dank, und ich freue mich darauf, Sie heute Abend zu treffen. Lassen Sie mich nicht im Stich, ich glaube, daß es dringlich ist.” Damit ließ sie ihren dichten Schleier wieder über das Gesicht fallen, und Mrs. Hudson begleitete sie aus dem Haus. Als die Tür hinter ihr geschlossen war, ließ sich Holmes aus seinem Sessel vernehmen: ”Nun, Watson, die Meinung eines erfahrenen und sachkundigen Freundes?” Beim gegenwärtigen Erkenntnisstand mußte ich mich mehr von meinem Gefühl als meinem Wissen leiten lassen. ”Das scheint mir eine böse und dunkle Angelegenheit zu sein.”
”Böse genug und dunkel genug.”
”Und doch, wenn unsere Lady recht hat, daß Boden und Wände undurchdringlich sind und Tür, Fenster und Kamin unpassierbar, hat ihre arme Schwester ein sehr rätselhaftes Ende genommen.”
”Das allemal. Ich hoffe zwar, dieser Fall wird kein Rätsel sein, das für uns zu groß sein kann, doch ich muß gestehen, daß mir im Augenblick jeder Ansatzpunkt fehlt, dem Kern der Sache nahezukommen.”
Mrs. Hudson war zwischenzeitlich in das Wohnzimmer zurückgekehrt und hatte begonnen, das Frühstück aufzutragen. Dabei hatte sie unser Gespräch mitanhören müssen. Nach Holmes’ letzten Worten stellte sie ihr Tablett ab und wandte sich unmittelbar an ihn: ”Mr. Holmes, ich habe mich nie eingemischt, aber dies scheint mir viel eher eine Ihrer leichteren Aufgaben zu sein. Sie sagten gerade selber, daß es um Gift geht. Ich glaube, da wird eine Schlange dressiert, um zu beißen, wenn es der Dompteur will. Zumindest will er sie aber mit seinem Pfiff wieder zurücklocken.” Mein Freund lächelte sein wissendes Lächeln, das ich so oft bei ihm beobachten konnte. ”Ausgeschlossen, Mrs. Hudson, Schlagen sind taub.”
Der gute Geist unserer Junggesellenbehausung wirkte äußerst verblüfft. ”Aber Mr. Holmes, bei allem schuldigen Respekt, es kann doch nicht sein, daß alle Schlangen taub sind. Das weiß doch schließlich jedes Kind, daß es Schlangen gibt, die sogar nach der Musik einer Flöte tanzen. So ist es doch in Indien, nicht wahr, Dr. Watson. Da sollen die Schlangen nach der Musik von Fakiren tanzen. Und ich habe es hier in London schon selbst gesehen, auf einem Jahrmarkt, jawohl. Sogar mit einem Frettchen hat die Schlange getanzt, immer im Kreis umeinander herum.”
Ich war geneigt, mich auf Mrs. Hudsons Seite zu schlagen. ”Nun ja, Mrs. Hudson, auch ich habe in meiner Zeit als Militärarzt in Indien Gaukler gesehen, nach deren Flöte ...”
Holmes sprang auf und machte eine wegwerfende Handbewegung. ”Es ehrt Sie, Watson, daß Sie einige Gedächtnisschubladen von Ihrem früheren Ausbildungswissen geleert haben, um Sie mit Erkenntnissen zu füllen, die der Gesundheit und dem Heil Ihrer Patienten dienlich sind. Bei genügender Anstrengung Ihrer Erinnerung sollte Ihnen jedoch wieder einfallen, was man Ihnen im Rahmen Ihrer Biologieunterweisung beigebracht hat. Schlangen sind ohne Ausnahme stocktaub. Dies ist eine naturwissenschaftliche Tatsache, an der nicht gerüttelt werden kann, und damit Schluß! Diese Gaukler könnten ihre Flöten ruhig mit einem Besenstiel vertauschen, ohne daß sich am Verhalten der Schlangen etwas ändern würde. Also steht hundertprozentig fest, daß sich die Dressurbemühungen, von denen unsere Klientin sprach, unmöglich auf eine Schlange beziehen können. Auch würde eine Schlange keine Milch trinken, allenfalls in höchster Not, weil seit Wochen kein Wasser zur Verfügung stand. Und mit der Schlinge am Ende einer Hundepeitsche eingefangen werden? Ein weiterer grandioser Unsinn! Schlangen verändern mühelos den Durchmesser ihres Körpers, manchmal sogar ihres Kopfes. Unmöglich, sie mit solch einer Konstruktion einfangen und festhalten zu können. Nein, aufgrund der uns bekannten Fakten auf die Existenz einer Schlange schließen zu wollen wäre so logisch wie die Schlußfolgerung eines Mannes, der bemerkt, daß Schnee in dicken Flocken fällt, und deshalb konstatiert, es müsse Hochsommer sein. - Und doch, irgendwie halte ich es nicht für abwegig zu glauben, daß wir in unserem Fall tatsächlich noch auf eine Schlange stoßen werden.”

Medienecho:
Klimmek schreibt flüssig und kopiert Watsons schwer nachzuahmenden Stil mit einigem Erfolg.
Somit vermag das schmale, hüsch aufgemachte, professionell hergestellte Bändchen für ein oder zwei Stunden gut zu unterhalten und zugleich das Wissen über Sherlock Holmes - und über Schlangen - zu vermehren.

>>> Sherlock-Holmes-Kurier